17. Berliner Gespräche zum Gesundheitswesen
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Der Gesetzgeber hat dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) seit seiner Gründung im Jahr 2003 sukzessive mehr Aufgabenbereiche zur Regelung übertragen. Er gilt heute als die einflussreichste Einrichtung in der Gesundheitsversorgung. Es ist erkennbar, dass sich der Staat mehr und mehr aus dem wichtigen Bereich der Gesundheitsversorgung und damit aus seiner sozialstaatlichen Verantwortung zurückzieht. Beim G-BA besteht jedoch die Gefahr, dass in seine Entscheidungen nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse einfließen und die Richtlinien interessenabhängig als Kompromiss unter den im G-BA vertretenen Interessengruppen beschlossen werden. Dieses Problem wird insbesondere in der Qualitätssicherung deutlich, die im Krankenhausbereich mit der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder für die Krankenhausplanung kollidiert. Qualitätssicherung sollte zudem von wissenschaftlichen Kriterien bestimmt werden und kein Kompromiss unterschiedlicher Interessen sein.
Durch das Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) vom 10.12.2015, wurde der G-BA gesetzlich beauftragt, Qualitätsindikatoren zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität zu entwickeln (planungsrelevante Indikatoren), die als Kriterien und Grundlage für Planungsentscheidungen der Länder geeignet sein sollen. Darüber hinaus wurde der G-BA bereits 2012 verpflichtet, das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) als fachlich unabhängiges Institut zu errichten, das im Auftrag des G-BA Maßnahmen zur Qualitätssicherung und zur Darstellung der Versorgungsqualität im Gesundheitswesen erarbeiten und an deren Umsetzung mitwirken soll.
In Kombination mit dem KHSG werden die Ergebnisse gegebenenfalls nicht nur über Zu- und Abschläge für einzelne Krankenhäuser entscheiden, sondern auch über deren Fortbestand. Plankrankenhäuser, die über einen längeren Zeitraum Qualitätsmängel nicht beheben, können ihren Versorgungsvertrag verlieren.
Der Konflikt zwischen krankenhausplanerischen Zielen einerseits, wie etwa der Sicherstellung einer bedarfsgerechten und leistungsfähigen Krankenhausversorgung, und den Vorgaben des G-BA einer evidenzbasierten und evaluierten Festlegung von indikationsbezogenen Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität andererseits ist vorprogrammiert. Spannend wird sein, wie die „ergänzenden Qualitätsanforderungen im Rahmen der Krankenhausplanung der Länder“ aussehen werden.
Auch verfassungsrechtlich bleiben einige Fragen offen. So bleibt die grundsätzliche Bedeutung von Leitlinien als ergänzende Qualitätsanforderungen im Rahmen der Krankenhausplanung der Länder, nicht aber in ihrer unmittelbaren Einbindung im Wege textlicher Inkorporation oder mittels Verweisen zu diskutieren, ebenso wie der Eingriff in die Berufsfreiheit des Art. 12 GG.
Mit folgenden Schwerpunktthemen werden sich die 17. Berliner Gespräche zum Gesundheitswesen beschäftigen:
- Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltung der Leistungsansprüche der Versicherten und der Qualitätssicherung
- Zur Legitimation des Handelns des G-BA und seiner praktischen Notwendigkeit im System der GKV
- Qualitätsvorgaben in der Krankenhausversorgung durch das KHSG
- Chancen und Herausforderungen für die Krankenhausplanung der Länder
- Sektorenübergreifender und populationsorientierter Qualitätswettbewerb?
- Messung der Qualität durch das IQTIG – Auswirkungen auf die Krankenhäuser
- Einrichtungs- und sektorenübergreifende Qualitätssicherungsmaßnahmen aus Sicht der Rechtsprechung